Frei Reden lernen und halten
Wie spricht man am besten vor Publikum? Sollen Sie eher einen Text schreiben, den Sie mehr oder weniger ablesen? Lernen Sie Ihre Moderation auswendig? Entwickeln Sie Moderations-Karten, auf denen möglichst viele Stichwörter stehen, damit Sie auf keinen Fall etwas vergessen?
Wahrscheinlich haben Sie bei einer der Fragen genickt. Die meisten machen es so. Interessanterweise fühlen sich die wenigsten damit wohl, sondern eher gestresst. Kein Wunder! Denn Sie sind keine Schauspieler. Sie haben nicht gelernt, professionell Texte zu rezitieren oder auswendig wiederzugeben. Die öffentliche Situation setzt Sie zudem unter Druck, es möglichst gut zu machen. Jetzt werden Sie sagen, ich kann doch nicht unvorbereitet auf die Bühne gehen. Das sollen Sie auch nicht. Ich zeige Ihnen hier ein paar Techniken wie mit der Sie als Sprecher, Vortragender oder Moderator die große Freiheit auf der Bühne gewinnen. Sie erlaubt Ihnen, flexibel auf das Geschehen zu reagieren, es kommentieren und interaktiv mit dem Publikum zu agieren. Und dennoch sind Sie gut vorbereitet. Ich zeige Ihnen ein Konzept, mit dem Sie frei reden lernen und Themen zielgenau auf den Punkt bringen.
Um das freie Reden zu lernen ist es wichtig zu verstehen, dass die nicht bedeutet etwas auswendig zu lernen, es ist das Gegenteil. Es bedeutet: Der Vortragende hat verstanden, wovon der spricht und kann es jederzeit anders formulieren.
Roman Neugebauer, MA
Erfahrener Moderator mit Hochschulabschluss in Wirtschaft. Moderiert seit über 10 Jahre für ORF, Radio-Vorarlberg und Kronehit (größter Privatradiosender Österreichs).
Frei Reden lernen ist Alltagssprache
Um frei Reden zu lernen müssen Sie in Wahrheit überhaupt nichts lernen, Sie können es nämlich schon. Denn Sie machen es jeden Tag. Wenn Sie morgens beim Bäcker Brötchen kaufen, wenn Sie im Büro mit dem Kollegen sprechen, wenn Sie abends mit Freunden in einer Bar sitzen – das Leben besteht daraus, dass wir frei Reden. Die Mutter erzählt den Kindern wann und wo Sie die Kinder besuchen. Die Oma erzählt den Kindern Geschichten von Tante Erna, die beim Eisessen vom Stuhl fiel.
Im Alltag überliefern wir Geschichten ausschließlich im Erzählen – und in Alltagssprache. Nur bei öffentlichen Reden vor Publikum – und dazu zählt zum Beispiel eine Moderation – wagen es viel Menschen nicht frei zu erzählen. Da spulen erfahren Führungskräfte im Stakkato die Bulletpoints auf ihrer Karte ab, ohne darüber nachzudenken, ob das irgendeiner merken kann, geschweige denn dadurch Lust auf das Programm der Veranstaltung bekommt.
Wieso ist das so? Möglicherweise zeigt sich hier die Angst, (öffentlich Fehler zu machen und den Erwartungen des Auftraggebers (ob nun als Mitarbeiter oder als Dienstleister) nicht gerecht zu werden. Oder es steckt der Wunsch dahinter möglichst viel Informationen detailgenau unterzubringen und alles so zu sagen, wie es vorher aufgeschrieben und abgesprochen war. Dieser Wunsch muss eine Illusion bleiben.
Wenn Sie frei reden gehen in der Regel nur die unwichtigen Details verloren. Und das ist gut so. Menschen wollen die Suppe nicht Atome aufgespalten haben. Sie wollen wissen, wie sie schmeckt, was darin ist, und warum diese Suppe eine großartige Sache für Ihren Speiseplan ist.
Wenn Sie lernen frei zu sprechen, dann werden sie nicht alles so sagen, wie sie es aufgeschrieben haben. Denn wenn Sie frei reden, werden Sie es jedes Mal anders formulieren. Wenn Sie ihren Gästen zuhause eine Geschichte aus dem Urlaub erzählen, dann werden Sie das auch jedes Mal auf eine andere Art formulieren.
Wichtig ist, solange Sie wissen, worüber Sie sprechen, bereitet Ihnen das keinerlei Mühe. Ihre Gäste würden Sie plötzlich ein Manuskript hervorholen würden und eine Anekdote aus dem letzten Urlaub vortragen würden.
Der Unterschied zwischen Wohnzimmer und einer Rede vor Publikum
Sie machen es in der Öffentlichkeit. Das Ihnen dies eventuell Unbehagen bereitet, kann ich gut verstehen. Angesichts der Bühnensituation vor vielen fremden Augen kann einem schon mal das Herz in die Hose rutschen.
Sie sprechen höchstwahrscheinlich über ein Thema, das nicht Ihr privates ist. Vielleicht wurde es Ihnen angetragen und Sie wissen nicht viel darüber. Verständlich, dass Sie sich gut vorbereiten wollen.
Ihre Rede verfolgt ein strategisches Ziel. Sie sollen den Auftrag des Veranstalters und die Erwartungen des Publikums erfüllen. Denn anderes als bei Ihren Freunden erhalten Sie von den Fremden keine zweite Chance, die Geschichte nochmal zu erzählen.
Was heißt das jetzt für Sie, erzählen Sie Geschichten so, wie Sie sie auch zuhause erzählen würden. Greifen Sie auf Ihren persönlichen Wortschatz und Ihre persönliche Alltagssprache zurück. Die ist normalerweise voll von Bildern, Vergleichen und Assoziationen. Außerdem fällt Ihnen das Reden in der Sprache am leichtesten.
Frei Reden lernen und trainieren:
Um das frei Reden zu lernen können Sie zuhause trainieren. Es ist das Fitnessstudio für unser Gehirn. Reden Sie dafür 2 Minuten lang über ein Thema wie Digitalisierung. Sie können prinzipiell über alles eine freie Rede halten. Spannender gestaltet sich das Sprechtraining zu zweit, wenn jeder dem anderen ein Wortfetzen hinwirft. Dieser wird dann aufgenommen und Sie reden frei darüber und halten eine Rede.
Frei Reden lernen geht am besten wenn Sie es trainieren, machen Sie bitte folgende Übung:
Sprechen Sie zwei Minuten lange über das folgende Thema:
-Ihre Schulzeit
-Digitalisierung,
-Brexit
-Agrarpolitik
Kontakt.
LET’S TALK.
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